Linsenkuchen doch problematischer als gedacht?

Ich bin vor einigen Tagen im Baugebiet „Unter dem Linsenkuchen“ spazieren gegangen. Und natürlich haben mich Speedpipes die auf den Grundstücken liegen erneut in ihren Bann gezogen. Dabei ist mir aber eines aufgefallen:

Statt wie bei den aktuell von BBV bereits hergestellten Hausanschlüssen mit einer Speedpipe, sind hier fast ausschließlich zwei Speedpipes zu sehen:

Zwei Speedpipes (rot/grün), eingeführt in das große Leerrohr welches ins Haus führt
Zwei Speedpipes (grau/orange), mit passenden Kupplungsstücken verlängert und ins Haus geführt
Zwei Speedpipes (orange/weiß), noch in der Baugrube

Die Hausanschlüsse die BBV legt sehen aber nur eine Speedpipe vor:

Eine Speedpipe, von der Bordsteinkante zum Haus
Speedpipe im Keller

Nun… zwei sollten doch besser sein als eine, oder? Naja, nicht ganz. Es gibt bei der Glasfaserverkabeluns bis ins Haus („Fiber to the home“ oder kurz FTTH) zwei grundlegende Varianten die man unterscheiden muss. Und dies betrifft in unserem Fall primär die Struktur in der verlegt wird. Ich habe das mal versucht zu skizzieren (ist nicht in jedem Fall 100% korrekt, aber es vermittelt die Problematik):

PON vs. AON

Auf der linken Seite des Bildes haben wir PON. PON steht für „Passive Optical Network“. Hier wird mittels optischer Splitter das Signal, das auf einer einzelnen Faser transportiert wird gesplittet. D.h. im Grund nutzt jedes angeschlossene Haus zusammen mit den anderen eine einzige Faser. Man könnte dies mit einem Kabelanschluss vergleichen. Denn auch dort ist die Leitung ein „shared medium“, sprich, eine Verbindung die ich mir mir anderen teile. Dies setzt natürlich voraus, dass eine Speedpipe ins Haus führt, dort entsprechend das Signal für dieses Haus ausgeleitet wird, und der Rest wieder aus dem Haus zum nächsten Grundstück führt. Meinen Recherchen zufolge ist PON die häufigste Art und Weise FTTH zu realisieren. Die Vorteile liegen offenbar primär in den Kosten: Die passiven Splitter sind wohl günstiger als aktive Hardware/Elektronik die Signale vermittelt.
Nachteil: Es ist ein geteiltes Transportmedium. Eine Faser für viele. D.h. nicht jeder einzelne kann die Faser voll ausreizen.

Auf der rechten Seite haben wir AON. AON steht für „Active Optical Network“. Hier wird in der Vermittlungsstelle, auch PoP (Point of Presence) der dicke Glasfaser-Backbone auf einzelne, dedizierte Fasern mittels aktiver Hardware/Elektronik aufgeteilt die Fasern dann einzeln auf die Grundstücke/Häuser verteilt. D.h. jeder Haus-Anschluss bekommt seine eigene Faser, die er sich NICHT mit Nachbarn teilen muss. Vorteile sind: Durch die dedizierte Faser pro Anschluss: Mehr Leistung/Geschwindigkeit und einfachere Verwaltung der Teilnehmer. Nachteil: Es braucht mehr Hardware die in der Anschaffung und Betrieb teuer ist.

Okay, ich denke ich hab euch genug mit den technischen Details gelangweilt… Was heißt das jetzt für die Bauherren im Linsenkuchen?

So wie es scheint, wurde die Glasfaser-Leerrohr Infrastruktur von den Magenta-Jungs gebaut. Und der Magenta-Farbene Konzern baut nun mal mit PON und nicht mit AON.

BBV hingegen setzt meines Wissens voll auf AON. Eben weil dies auch Zukunftsträchtiger ist. Nach meinem aktuellen Kenntnisstand wird BBV die Leerrohr-Infrastrukur im Linsenkuchen überbauen müssen, weil eben die Leerrohre die nach PON Muster gelegt sind, nicht zu AON passen.

D.h. der zuletzt in diesem Blog präsentierte Lösungsansatz scheint nicht zu funktionieren.

Daraus ergeben sich nun mehrere Möglichkeiten:

Option 1: BBV muss überbauen

Wenn BBV überbauen muss, dann kann man nicht den bisherigen Ansatz verfolgen, der zur Folge hätte, dass keine Bagger mehr kommen müssen. Und dann steht wieder in Frage, wie das mit der Fertigstellung 2021 klappt, wenn die meisten Häuser noch gar nicht stehen und viele Bauherren erst 2022 mit dem Bau beginnen oder dann erst soweit sind um sich um Leerrohre zu kümmern. D.h. die Kostenfrage für den dann „nachträglichen Ausbau“ ist wieder komplett offen.

Option 2: Mit dem Anschluss zur Telekom gehen

Das ist eine eigentlich valide Option. Ich hab mal exemplarisch für ein Haus in etwa der Mitte des Baugebiets geschaut, wie es hier um FTTH bei der Telekom steht:

Verfügbarkeit Telekom FTTH im Linsenkuchen, Stand Juli 2021

Lange rede kurzer Sinn: FTTH steht noch nicht zur Verfügung. Wann es soweit ist, habe ich noch nicht heraus bekommen.

Preislich ist das Thema wohl nur in den ersten 6 Monaten interessant:

Preise für FTTH bei der Telekom, Stand Juli 2021

Im ersten halben Jahr sind es 20€, danach mind. 55€, für weniger Leistung als man bei der BBV bekommt (unter 50€ für 300/300Mbit (symmetrisch) inkl. Telefon bei BBV vs. 55€ für 250/50Mbit inkl Telefon bei Telekom). Aber das ist noch nicht alles: Den Router wird man bei der Telekom mieten müssen:

Ergo kommen zu den rund 55€ nochmal Minimum 6€ dazu, womit wir dann bei 61€/monatlich sind. Okay, dafür hat man vermutlich immer einen recht aktuellen Router. Aber für gewöhnlich braucht man nicht unbedingt alle 1-2 Jahre ein Hardwar-Update des Routers. Die laufen auch länger, völlig ohne Schmerzen.

Aber, lange Rede kurzer Sinn: Man kann es Stand heute nur vorbestellen. Wann es kommt: Keine Ahnung.

Option 3: BBV setzt partiell auf PON

Achtung, ab hier reine Spekulation: „Theoretisch“ könnte die BBV ihr Netz auch partiell auf PON setzen. D.h. für den Linsenkuchen mit PON statt AON ausbauen. Aber ich halte das für unrealistisch. Nur nur weil man sich damit das „einheitliche System AON versaut“, sondern weil die Leerrohre vermutlich der Telekom gehören und ich mir fast sicher bin, dass die nicht einfach die Rohre der BBV überlassen oder vermieten. Die Telekom wird sicherlich selbst Glasfaser rein legen und die dann der BBV ggf. vermieten. Oder auch nicht. In der Vergangenheit war die Telekom in solchen Dingen eher Egoistisch unterwegs und hat ihr eigenes Ding gemacht.

Option 4: BBV legt AON in PON Struktur

Nochmals Achtung. Ab hier nochmal mehr Spekulation: „Theoretisch“ könnte man die für AON notwendigen Fasern durch die PON Struktur legen und pro Haus eben eine dedizierte Faser ausleiten, das restliche Faserbündel einfach weiter zum nächsten Haus schieben. Aber ob das als brauchbare Lösung überhaupt zur Diskussion steht ist mehr als fraglich. Auch bin ich mir nicht sicher ob das technisch so umsetzbar wäre. Wie gesagt: Reine Fantasiererei …

Und wie geht’s jetzt weiter?

Ich habe die BBV erneut angeschrieben und gefragt wie sie damit umgehen und was das nun heißt. Es wird sicherlich eine Zeit lang dauern bis das geklärt ist. Ich versuche auch gerade über ABICOS heraus zu bekommen wie lange die Telekom da noch brauchen will bis sie Anschlüsse schalten kann.
Ich gehe aber schwer davon aus, dass es Option 1 werden wird, und hier und da ggf. Option 2, sofern die Telekom in die Gänge kommt.

Die zuvor genannte Lösung ist mit ziemlicher Sicherheit hinfällig. Sorry.

[UPDATE]

Ich habe mittlerweile die Info bekommen, dass es noch keine Termin seitens der Telekom für die Verfügbarkeit von FTTH gibt. Hintergrund: Es gibt noch nicht genügend Interessenten.

Die Leerrohre sollen aber wohl so liegen, dass „nur noch“ die Faser eingeblasen werden müssen. Die Telekom will dann auch nicht wegen jedem Einzelnen anreisen, sondern erst dann, wenn hinreichend viele Vorbesteller da sind. Bis dahin liegt quasi alles brach.

Ist ja logisch… Wenn wegen PON eine „Verkettung“ der Grundstücke notwendig ist, macht es nur dann Sinn die Fasern einzublasen, wenn die Kette „durchgängig“ ist.

Kann mir gut vorstellen, dass wenn die Kette an einer Stelle nicht durchgängig wäre, der restliche Teil der Hinten dran Interesse bekundet hat, ggf. nicht berücksichtigt wird, weil lohnt sich vielleicht nicht.

Hier wäre AON wieder vorteilhafter, da jeder sein eigenes, dediziertes Leerrohr und faser hat bzw. bekommt. Eine Kette muss hier nicht gebildet werden.

8 Gedanken zu „Linsenkuchen doch problematischer als gedacht?

  1. Peter Müller

    Der Unterschied PON zu AON liegt an der eingesetzten Technik im Verteiler. Sowohl bei PON wie auch bei AON sieht die Zuleitung wie bei der Darstellung für AON in der Grafik aus. Also jeweils eine durchgängige Faser vom Verteiler bis ins Gebäude. Die PON Darstellung in der Grafik gibt es bei LWL bei Betreibern wie der Deutschen Telekom nicht.

    Antworten
    1. achristian Beitragsautor

      Du scheinst da mehr Knowhow zu haben. Prima. Was heißt das für die zweite speedpipe die hier auf den Grundstücken liegt? Legt die Telekom da dann zwei dedizierte Leerrohre?

      Ich habe auch schon Bildern mit optischen Splittern in den Abzweigungen unter der Straße und in den Häusern gesehen. Sind das dann ältere Installationen?

      Antworten
  2. Peter Müller

    Das ist der Abzweig eines einzelnen Röhrchens aus einem Multirohrverband, also einem Verband mit mehreren einzelnen Röhrchen. Jedes Gebäude erhält ein eigenes Röhrchen. Das Röhrchen wird im Rohrverband bis zum Verteiler (NVt oder aktiver Verteiler) geführt. Nach dem Abzweig würde das zuvor abgezweigte Röhrchen im Rohrverband unbenutzt weiterlaufen. Anstelle dessen wird das Röhrchen in der Regel ebenfalls bis ans Gebäude abgezweigt, nur aus der anderen Richtung. Sieht dann vom Prinzip her aus wie ein „Y“. Damit kann es später einfacher nutzbar gemacht werden, bspw. im Fall einer redundanten Anbindung oder Beschädigung des dezidierten Röhrchens.

    Antworten
  3. Fia

    Sind das auf dem Bild die Hausanschlüsse der BBV oder ist das von der Telekom (Linsenkuchen)?
    Die Hauseinführung ist ein Witz und absolut unprofessionell.
    Normalerweise wird hier ein z.B. ein GFH 30 von Hauff eingesetzt und nicht einfach ein Loch in die Hauswand gebohrt und zugeschmiert.

    Antworten
  4. Fia

    Hab heute mit der BBV telefoniert.
    Es kommen Hauseinführungen zum Einsatz, die sowohl innen als auch außen gecovert sind.
    Echt schlecht von der Tkom. Das würde ich als Hausbesitzer umgehend reklamieren.
    Wobei im Linsenkuchen ja eh jedes Haus einen Mehrspartenanschluss haben sollte?

    Antworten
    1. achristian Beitragsautor

      Ich habe kein einziges Hausanschlussbild der Telekom online gestellt. Bisher nur BBV Bilder und ggf. mal eine Baugrube in dem auch Telekom-Leitungen zu sehen sind.
      Bei der BBV hab ich bisher Dichtungen von Außen gesehen. Von innen ist das Bohrloch mit der Speedpipe „gespachtelt“. „Gecovered“ hab ich es noch nicht gesehen.
      Für mein befinden reicht es, wenn das Bohrloch von außen mit einer „Injektionsdichtung“ (kenne die offizielle Bezeichnung nicht) versehen ist.

      So ist es auch hier in Videos erklärt:
      * https://www.youtube.com/watch?v=7Q9RXKW4iaA
      * https://www.youtube.com/watch?v=06Zc07dGkQw

      Bei Mehrspartenanschlüssen hat sich das Thema eh erübrigt.

      Antworten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert